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DE ~ Podcast | 26. März 2016 | 8
Gerade aus der Alpenrepublik nach Berlin übersiedelt – Anita Posch, passionierte Mountainbikerin aus dem Wienerwald mit einer Schwäche für das Rennrad und: Berge.
Radfahren und Online Projekte sind ihre Leidenschaften aus denen hat sie ihr neues Projekt gemacht hat – bikesisters.net, ein Fahrrad Magazin für Frauen. Das Ziel ist, mehr Frauen für das Radfahren zu gewinnen.
Wir reden also viel über das Mountainbiken in Österreich und die dortigen Besonderheiten, Bikeparks zum Beispiel. In Trondheim, Norwegen gibt es auch Bikelifte, aber als Teil der normalen Stadt-Infrastruktur:
Man kann aber auch einfach Sommerrodelbahnen oder Bob-Bahnen umfunktionieren:
Die Kneipentrends kommen mit 5 Jahre Verspätung von Berlin nach Wien, aber dieses Jahr gab es in Berlin das erste Altbaukriterium, importiert aus Graz.
Markus meinte am 27. März 2016 um 10:26 Uhr:
Nur eine kurze Anmerkung zum Thema Mountainbiken in den Alpen. Ich war über eine lange Periode in einem Gebiet in Südtirol (Fanes-Sennes-Prags mit Standort St. Vigil in Enneberg, Provinz Bozen, Italien) in Urlaub. Als Anfang der 90er Jahre das Maountainbiken aufkam und sehr schnell auch Touristen die Berge unsicher machten, wurde es auch vielen Einheimischen sehr schnell zu viel. Hauptgrund und Argument war, dass die Mountainbiker sich nicht an Wege hielten. Man muss dazu sagen, dass es in diesem Gebiet drei vier große Almgebiete gibt, die man sowohl zu Fuß als auch per Rad zu Touren verbinden kann. Die Hauptinfrstruktur der Wege wurden von jeher vom Milität (den Alpini) angelegt. Diese Wege werden aber auch genutzt, um etwa die Hütten zu versorgen. Wenn man auf diesen Wegen bleibt, dann hatte damals niemand ein Problem. Richtig schlimm war, dass die Radler diese Wege verliessen. Der Almboden ist dort ein sehr weicher. Du stehst da drauf und es federt und zwar richtig stark. Wenn über einen solchen Boden zahlreiche Radler fahren, dann verfestigt sich der Boden auf Dauer. Das ist irreversibel und schon alleine deshalb sehr sehr schlimm. Diese speziellen Almböden sind gleichzeitig durchzogen von kleinen und größeren Felsvorsprüngen und Spalten aus Dolomit (einem sehr weichen Kalkstein). Fazit: Das starke Befahren solcher Wiesen und Pfade zerstört den Boden ein für allemal und das sehr sehr schnell. Selbst Wanderer werden sehr aktiv drauf hingewiesen, dass sie Trampelpfade nicht verlassen sollen.
Wenn man solche besondere Böden vorfindet, bin ich sehr dafür, dass dort Radfahren verboten ist und ein Zuwiderhandeln auch stark bestraft wird. Übrigens, weil ihr das kurz angesprochen habt. In besonderen Waldgebieten kommen zum Bewirtschaften des Waldes keine Rückefahrzeuge oder Vollernter zum Einsatz. Die Begründung ist ebenfalls, dass die Verdichtung der Böden durch die schweren Fahrzeuge sehr schnell passieren würde und unumkehrbar wäre. Im Bayrischen Wald wird Holz im Wald immernoch mit Rückpferden abtransportiert, bis zum nächsten befestigten Weg. Natürlich wird dieses Vorgehen nur an wenigen Stellen praktiziert, leider. Einmal mehr schlägt das Gewinne machen den nachhaltigen Umgang, denn ein Holz, dass nachhaltig geerntet wurde, müsste am Markt für deutlich mehr Geld verkauft werden können. Diesen Preis zahlt aber am Ende niemand. Nur auf besonderen Flächen klappt das, weil man Holz, etwa aus Nationalparks, tatsächlich besonders vergütet (will sagen, es gibt Subventionen dafür).
Regine Heidorn meinte am 27. März 2016 um 11:35 Uhr:
Das ist ein guter Hinweis, Danke, Markus 🙂 Gegenüber den Anfängen ist meine Wahrnehmung, daß sich in den letzten Jahren mehr Bewußtsein für die Notwendigkeit des Umweltschutzes gebildet hat. Aber eigtl war das zumindest in meinem Umfeld schon damals Ende der 70er bzgl Skifahren Thema: Daß man in Ausübung dessen, was man gerne tut, die Grundlage dafür zerstört. Und als Anfang der 80er klar wurde, wie sehr etwa das Autofahren die Umwelt zerstört, war klar, daß es um globale ökologische Fußabdrücke geht. Mitunter staune ich, wie gut Manche das verdrängen können. Etwa kannte ich eine Meteorologin, die sehr gerne reiste (bevorzugt mit dem Flugzeug, gerne auch auf Kurzstrecken), und auf sämtliche Veröffentlichungen lauerte, die den Klimawandel anzweifelten. Daher bin ich auch nicht für härtere Strafen, sondern eher für Aufklärung und ein vernünftiges Miteinander. Bestrafen geht ja nur, wenn etwas schon passiert ist. Und ein Allgemeingut wie Wald und Umwelt braucht vllt eher einen verständigen und verantwortungsvollen Umgang von uns allen.
Markus meinte am 27. März 2016 um 19:12 Uhr:
Den Stand, den ich Dir oben skizziert habe (vor allem in Bezug auf das Mountainbiken) ist Stand erste Hälfte der 1990er Jahre. Danach war ich leider beinahe nicht mehr in den Dolomiten. Auch ich denke und hoffe jedenfalls, dass das Bewusstsein bei den MTB-Fahrern gewachsen ist. Auch ich bin sehr für Aufklärung und Prävention, ich bin aber auch nach wie vor dafür, dass manche Vergehen hart bestraft werden. Heute sieht man ja häufig sehr gut ausgestattete Fahrer herumfahren, denen man auch anmerkt, dass sie 1) das Geld haben für die Ausrüstung und 2) dann sicher auch das Geld haben, ihre teilweise aktiv fortgesetzte Ignoranz durchzusetzen. Ohne harte Strafen werden die es nicht lernen. Aber, das ist destruktiv. Bei den meisten Leuten wird Aufklärung zum Erfolg führen, wenn es das nicht schon hat. Schließlich sollten ja alle (Einheimische wie Gäste) daran interessiert sein, dass diese einmalige Landschaft erhalten bleibt.
Übrigens ist die Gemeinde ursprünglich ein Wintersportort, den wir als Familie seit Anfang der 1970er Jahre an eher als Sommerfrische kennen- und liebengelernt haben. Dort hat man sich schon sehr früh gegen große Liftanlagen entschieden und gegen „Mörderpisten“ und Schneekanonen. Nachbartäler sind einen anderen Weg gegangen. So gesehen hat man dort schon an vielen Stellen sehr sehr früh Nachhaltigkeit als Faktor eingeführt und gelebt. Und das war damals immer auch eine Entscheidung gegen das schnelle Geld. Wenn wir Flachländler die Bergler betrachten übersehen wir häufig, dass der Tourismus oft die einzige Chance war, bitterer Armut zu entkommen. Dies entschuldigt nicht alles aber: Ich denke, wir sollten sehr vorsichtig sein mit dem Beurteilen von Szenarien, in die wir eben nur scheinbar komplett reinschauen können. Aber, ich bin sicher, da haben wir beide wenig bis keinen Dissens.
Regine Heidorn meinte am 27. März 2016 um 12:00 Uhr:
Oh, da fällt mir ein, es gibt auch Gegenden, wo die Verdichtung der Böden wichtig ist. Zum Beispiel hat einer entdeckt, daß der zunehmend auftauende Permafrostboden in Russland länger kalt bleibt, wenn dort Huftiere leben, die den Boden befestigen. Vllt sollte man solche Erkenntnisse und Strategien zukünftig in den Wildnis-Tourismus einbeziehen?
Markus meinte am 27. März 2016 um 19:17 Uhr:
Ich hoffe, dass diese neue Denke (Permafrostboden & Co.) noch lange nicht kommen wird. Ich liebe die Dolomiten, ich liebe das Reich von König Laurin (den Rosengarten) und diese wundervoll großen blühenden Landschaften aus Alpenrosen und Latschenkiefern. ❤️
Regine Heidorn meinte am 27. März 2016 um 19:58 Uhr:
Ja, Markus, da sind wir recht nah beinander. Es geht ja auch nicht darum, den ultimativen Standpunkt zu finden, sondern allgemein ein wenig Rücksicht zu nehmen und vllt mehr auf Nachhaltigkeit beim Reisen bzw in Ausübung des Hobbys zu achten, dann wird das schon. Mir persönlich hat das Skifahren keinen Spaß mehr gemacht, als die Pisten nicht mehr sauber präpariert waren oder wenn ich gesehen habe, wie sich die Blechlawinen die Serpentinen hochschrauben. Es gibt so viel, was man machen kann, Skifahren war ich dann nur noch, wenn ich irgendwo einen schönen Ort gefunden habe, wo ich das Gefühl hatte, nichts kaputtzumachen.
Markus meinte am 27. März 2016 um 23:49 Uhr:
Haha, nein, ultimative Standpunkte sind so, wie soll ich sagen, so statisch. Unser Leben und unsere Welten sind aber nun alles mögliche, sie sind aber nicht statisch. So gesehen sind Annäherungen schon viel. Finde ich..
Zum alpinen Skifahren hab ich kein Verhältnis. Mein Vater wollte es mir eine gewisse zeitlang nahebringen aber etwas in mir hat sich gesperrt. Vielleicht waren es auch schon als Kind und Jugendlicher die Bilder von dem, wie „Pisten“ im Sommer ausschauen. Als Friedensangebot an meinen Altvorderen habe ich mich eine Weile mit dem Touren(ski)gehen befasst aber sooo dolle fand ich das auch nicht. Pures Laufen ist mein Ding. Früher war auch das Klettern mein Ding. Natur erleben, erlaufen, erfühlen, das ist mein Ding. Und dazu brauche ich nicht viel und schon gar nicht brauche ich große Eingriffe in die Natur. Bis heute verkneife ich mir Flüge, wenn möglich. Ich fahre Zug und manchmal fahre ich Auto, aber, ich denke viel drüber nach, manchmal schon zuu viel. Aber, ich fliege auch, allerdings so selten wie irgend möglich und eben nur, wenn eine Alternative einfach ein großer Mist ist.
Markus S meinte am 8. April 2016 um 10:59 Uhr:
Ich war auch schon ein paar mal zum Mtb fahren in der Nähe von Bozen, zuletzt vor ca. 5 Jahren.
Da fand ich das eigentlich ganz ok gelöst: Wir haben im Hotel eine Liste bekommen auf der die Nummern der Wanderwege standen, die nicht befahren werden durften so wie eine Empfehlung der Wege die man quasi zur Rushhour meiden soll ( wg Wandererfrequentierung).
Ich weiß nicht ob ich es beim Markus falsch verstanden, aber Mountainbiker verlassen für gewöhnlich keine Wege, weil es sich ohne Weg/Pfad eben nicht schön fährt.
Natürlich ist hochalpines Gelände immer sensibel und je weniger Menschen da sind, desto besser ist es vermutlich. Mit dem Skitourismus ist der Zug aber schon lange abgefahren und auch im Sommer werden da Leute zu tausenden mit dem Lift hoch gekarrt. Wenn man sich alleine die Kapazität von Bergbahnen wie Meran 2000 anguckt, glaube ich nicht das die paar Mountainbiker da das große Problem sind.
In letzter Konsequenz müsste man wahrscheinlich die Reinhold Messner Regel “ Wer nicht aus eigener Kraft auf den Berg kommt, gehört da auch nicht hin“ umsetzen, was aber wohl sehr realitätsfern wäre.
So bleibt eben nur sich möglichst rücksichtsvoll gegenüber Natur und Mitmenschen zu verhalten.